Mein alter Garten
Im Jahre 1971 konnten wir als junge Familie ein Haus mit Baujahr 1923 erwerben. Das Haus war wegen spezieller erbrechtlicher Verhältnisse des früheren Besitzers längere Zeit unbewohnt gewesen. So war aus dem Garten eine rechte Wildnis geworden. Wir liessen uns jedoch nicht entmutigen, was zählte, war die einzigartige Wohnlage in Burgdorf mit Sicht auf die Berner Alpen. „Da muss zuerst abgeholzt werden“, tönte es von allen Seiten. Aber das war nicht in unserem Sinn. Der Garten passte zum Haus und sollte in seinen Strukturen so weit als möglich erhalten bleiben. So freuten wir uns, bereits im ersten Jahr Beeren, Kirschen, Mirabellen, Zwetschgen, Äpfel und Trauben zu ernten. Mit der Zeit mussten dann die morsch gewordenen Bäume ersetzt werden. Mein Mann fand zudem auch noch neue Plätze, wo er Apfel- und Birnbäume pflanzen konnte, so dass im Herbst jeweils eine recht grosse Ernte anfällt.
Der obere Teil des Gartens ist eher der Wohngarten. Dort steht auch noch der ursprüngliche Pavillon aus Eisen. Bewachsen mit einer Zierrebe, bietet er an heissen Sommertagen ein gemütliches Plätzchen. Später wurde dieser Teil des Gartens um einen Sitzplatz erweitert, und die Söhne bauten ein kleines Biotop.
Über ein paar Stufen erreicht man den unteren Garten. Durch die leichte Hanglage mit südwestlicher Orientierung ist er sehr sonnig. Und so lag es auf der Hand, diesen Teil als Nutzgarten weiterzupflegen wie bisher. Etwa sechs lange und sechs kürzere Gartenbeete wurden teilweise neu angelegt. Während vieler Jahre pflanzten wir dort Gemüse, darunter auch Stangenbohnen, die ja für eine Berner Platte unentbehrlich sind! Nach und nach ist dieser Nutzgarten verkleinert worden und hat Blumen Platz gemacht. Im Sommer führen die Stockrosen in vielen Farbnuancen das Zepter, aber es gibt auch Phlox, der seit jeher im Garten wuchs, und Dahlien, von denen dieses Jahr auch im November noch schöne Sträusse gebunden werden können. Daneben wächst vieles, das sich stets selber aussät wie Jungfer im Grünen und Ringelblumen. Und auch für einen bunten Frühling ist vorgesorgt mit allerlei Zwiebelgewächsen.
Rosen
Ein alter Garten ohne Rosen – unvorstellbar. Immer noch aus dem damaligen Bestand sind vorhanden die Queen Elizabeth, die Gloria Dei, eine Moosrose und eine Kletterrose. Von dieser Kletterrose gibt es noch eine spezielle Geschichte. Die höher werdenden Bäume dem Gartenzaun entlang bescherten ihr immer mehr Schatten, was ihr gar nicht gefiel. Ein Bekannter zeigte mir, wie man Rosen okulieren kann. Der Versuch an einer Wildrose, die zufällig an der Südwestecke des Hauses gewachsen war, gelang. Und so konnten wir uns fast zwanzig Jahre lang an der Rose mit dem einzigartigen Duft erfreuen. Leider ist sie vor zwei Jahren aus unerfindlichen Gründen welk geworden. Dank Stecklingsvermehrung ist aber für das Weiterbestehen gesorgt. Nach und nach waren weitere Rosen gepflanzt worden. Eine Vorliebe habe ich für die Historischen Rosen, aber auch ein paar Englische Rosen sind darunter.
Über vierzig Jahre lang hat uns der Garten grosse Freude, aber auch viel Arbeit gebracht. Auch wenn ich nach dem Tod meines Mannes allein bin, möchte ich so lange wie möglich im Haus bleiben. Der Garten soll deshalb so eingerichtet werden, dass ich ihn auch in den kommenden Jahren ohne grosse Hilfe von aussen pflegen kann.
Ruth Flückiger